Unter dem Titel AI-Law Learning Companion (AI-LLC) wird in der Vorlesung Schuldrecht -Allgemeiner Teil im WS 2024/25 derzeit erprobt, wie sich große KI-Sprachmodelle wie ChatGPT oder MS Copilot in der juristischen Lehre gewinnbringend als KI-Lerntutoren einsetzen lassen.
Mit studentischen Hilfskräften wurden dafür Prompts entwickelt, die ermöglichen, bestimmte Themen aus dem Schuldrecht AT durch Austausch mit einem großen Sprachmodell zu vertiefen. Die Studierenden sollen im Rahmen des Projekts zur selbständigen Auseinandersetzung mit dem Rechtsgebiet aktiviert und zum kritischen Überdenken von KI-Ergebnissen befähigt werden.
Gesprächsergebnisse, die im Chat mit den „KI-Tutoren“ erzielt wurden, können Studierende einsenden oder als Diskussionsgrundlage in die Vorlesung mitbringen.
Wir sind schon sehr auf erste Evaluationsergebnisse gespannt.
Am 1.2.2024 fand die Abschlussveranstaltung des Projekts „Theorie und Praxis der Haftung im Straßenverkehr“ statt.
Zum Projekt
Beim Projekt „Theorie und Praxis der Haftung im Straßenverkehr“ handelte es sich um eine neue Kooperation mit der Rechtsanwaltskammer Nürnberg im Rahmen meines Proseminars „Haftung im Straßenverkehr – national und international-privatrechtlich“ im WS 2023/24 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Im Vergleich zu den üblichen Seminaren hatte das Proseminar folgende Besonderheiten:
Während der Erstellung der wissenschaftlichen Proseminararbeiten wurden die teilnehmenden Studierenden von Fachanwälten für Verkehrsrecht gecoacht. Im Vordergrund der Gespräche stand neben der thematischen Fragestellung auch die praktische Anwaltstätigkeit.
Praxisaspekte flossen zwingend in die Bearbeitung der Arbeiten mit ein.
In einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung wurde ein großer Fall von Rechtsanwälten und Studierenden gemeinsam diskutiert und gelöst.
Zur Abschlussveranstaltung
Auf ein Grußwort des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Nürnberg (Dr. Uwe Wirsching) folgte die Einführung in den zu bearbeitenden Fall anhand von Skizzen und einer knappen Sachverhaltsanalyse.
Folgender Fall (stark vereinfacht) erwartete am 1.2.2024 die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Abschlussveranstaltung des Proseminars:
Eine minderjährige Fahrradfahrerin sieht sich auf einer Fahrradtour am Gardasee nach ihren Eltern um. Sie erfasst einen Inline-Skater, der verletzt wird. Ein vorbeifahrender LKW-Fahrer befürchtet, die Beteiligten könnten vom Fahrradweg auf die Straße geraten. Er steuert sein Fahrzeug daher in den Gegenverkehr. Beim Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden PKW wird dessen Fahrerin getötet. An den Fahrzeugen entstehen diverse Schäden. Auch die Angehörigen der PKW-Fahrerin und der Inline-Skater machen Ersatzansprüche geltend.
Welche Ansprüche haben die Beteiligten und ihre Haftpflichtversicherungen gegeneinander?
In verschiedenen Arbeitsschritten wurde der Fall gelöst.
Die Studierenden bezogen das Thema ihrer wissenschaftlichen Arbeit geschickt in maximal dreiminütigen Statements auf den Fall und trugen so zur Lösung bei. Diese Kurzvorstellungen wurden sodann in einer Diskussion durch die anwesenden Rechtsanwälte um Praxisaspekte, die für die teilnehmenden Studierenden besonders wertvoll waren, ergänzt.
Das Publikum konnte mit Abstimmungen und Diskussionsbeiträgen ebenfalls an der Falllösung mitwirken. Nach ca. 2,5 Stunden stand das Ergebnis fest.
Im Rahmen eines anschließenden Empfangs wurde noch weiter über den Fall diskutiert.
Fotos und Dokumentation der Veranstaltung
Der Fall, die Arbeitsschritte und der gesamte Ablauf der Veranstaltung mitsamt den Ergebnissen sind auf dem Conceptboard zur Veranstaltung dokumentiert.
Dort finden sich auch Fotos von der von 33 Personen besuchten Veranstaltung.
Fazit
Die Veranstaltung hat den Studierenden und mir sehr großen Spaß gemacht und hoffentlich ein wenig zu einer stärkeren Vernetzung von universitärer Ausbildung und juristischer Praxis beigetragen.
Am Dienstag, den 21.3.2023 veranstalte ich um 18.00 Uhr eine Online-Diskussionsrunde zum Thema „ChatGPT in der juristischen Lehre“.
Derzeit wird sehr intensiv über die Auswirkungen großer KI-Sprachmodelle auf die Tätigkeit von Juristinnen und Juristen diskutiert. Unklar ist aber auch, welche Konsequenzen für die juristische Ausbildung und Lehre sowie für die Rechtsdidaktik zu ziehen sind. Soll der Einsatz von KI-Tools im Studium verboten werden? Bieten sie Chancen zur didaktischen Optimierung der Ausbildung? Welche KI-Tools können die Juristenausbildung ggf. unterstützen? Diese und weitere Fragen wollen wir in einer Online-Diskussionsrunde mit Ihnen thematisieren. Sind Sie dabei?
Zwei Diskussionsergebnisse aus den (aus dem Video herausgeschnittenen) Gesprächen erscheinen mir besonders bemerkenswert:
1.) Es besteht ein dringender Bedarf an einem Training der Digitalkompetenz für Juristinnen und Juristen.
ChatGPT ist derzeit auch unter Juristinnen und Juristen in aller Munde. Eine treffende Einordnung der Leistungsfähigkeit des KI-Tools für Fragen der Rechtswissenschaft fällt schwer. Dieses Beispiel zeigt deutlich: Die Digitalisierung des Rechts und der Rechtspraxis wirft viele (neue) inhaltliche und methodische Fragen auf. Daher brauchen wir ein Training der Digitalkompetenz für Juristinnen und Juristen. Die aus der Blütezeit der Rechtsinformatik bekannten Diskussionen dazu haben unlängst, wie mehrere fachdidaktische Veranstaltungen zeigen (JURTECH:JURSTUDY; ZerF-Jahrestagung 2022), wieder Fahrt aufgenommen.
Es bietet sich an, Methodik und Inhalte im Rahmen der Gestaltung eines Querschnittscurriculums “Digitalisierung und Recht” zu trennen und in (möglichst vielen) verschiedenen Stufen vorzugehen.
Stufenmodell „Digitalisierung und Recht in der juristischen Ausbildung“
In einem neuen Fach „Digitalisierung des Rechts“ oder „Digitalkompetenz“ könnte ein Training der sog. digital legal literacy mit fachübergreifenden Digitalisierungsfragen und Grundlagen der Rechtsinformatik verbunden werden. Das neue Fach könnte folgende Kompetenzen enthalten:
Komponenten des (neuen) Faches „Digitalisierung des Rechts“
2.) Die Juristenausbildung sollte um ein Training anwendungsorientierter juristischer Methodenkompetenzen ergänzt werden.
Juristische Arbeitsmethoden werden in der aktuellen Juristenausbildung nur beiläufig thematisiert und als solche gekennzeichnet. Der Erwerb anwendungsorientierter juristischer Methodenkompetenzen müsste daher durch geeignete (im Video im Detail diskutierte) Formate in der Juristenausbildung in einem sog. „Querschnitts- Methodencurriculum “ gefördert werden.
Erhellung des Dunkelfeldes juristischer Methodenkompetenzen
Fazit
Die Rechtswissenschaft ist aufgerufen, das klassische Curriculum um Trainingsangebote für Methodenkompetenzen (Querschnitts-Methodencurriculum und Querschnittscurriculum “Digitalisierung und Recht”) zu ergänzen. Voraussetzung dafür ist aber eine noch immer fehlende Verständigung über die zwingend zu vermittelnden methodischen Basis-Kompetenzen.
Ergänzung des klassischen Curriculums im Querschnitts-Methodencurricula